Rechts- und Staatsanwälte sitzen an einem Tisch.
Der Prozess am Amtsgericht Suhl wurde am vergangenen Dienstag eröffnet. Bildrechte: MDR/ Alexander Reißland

Justiz Nach Unfall in Oberhof: Weitere Zeugen im Bob-Prozess gehört

30. April 2024, 17:24 Uhr

Am zweiten Verhandlungstag zum tödlichen Bobunfall in Oberhof sind weitere Zeugen zu Wort gekommen. Die Verteidigung versuchte, das Geschehen im Detail aufzuklären. Die Zeugen sprachen von mehreren technischen Mängeln.

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Im Prozess um den tödlichen Bobunfall von Oberhof sind am Dienstag weitere Zeugen gehört worden. Vor dem Amtsgericht Suhl sagte unter anderem eine ehrenamtliche Helferin aus, die am Tag des Unfalls am Start des sogenannten Ice-Tubes, einem Doppelschlauchring, geholfen hatte. Die Nebenklage und die Verteidigerin versuchten mit zahlreichen Fragen das Geschehen am Unfallabend bis ins Detail nachzuvollziehen. Die Staatsanwaltschaft mahnte mehrfach zur Sachlichkeit.

Auch der Bahnsprecher wurde als Zeuge vernommen - er sagte aus, dass er die einzelnen Sportgeräte der Reihe nach angesagt und freigegeben habe. Nach zwei Ice-Tubes habe er einem Bob von einer höheren Ebene der Bahn die Starterlaubnis erteilt, ohne zu wissen, dass von einer tieferen Startebene noch ein Ice-Tube gestartet war.

Als weiterer Zeuge war ein Vertreter des Bob Racing Clubs Thüringen geladen. Der Verein hatte am Unfallabend mehrere Bobfahrten organisiert. Der Zeuge sagte aus, dass er den Bob erst nach einer entsprechenden Freigabe in die Bahn geschoben habe.

Zeugen sprechen von technischen Defekten

Am zweiten Prozesstag wurde deutlich, dass es für die ehrenamtlichen Helfer in Bezug auf die Ice-Tubes offenbar keine standardisierten Einweisungen gegeben habe. Außerdem gab es an der Bahn nach Aussage von Zeugen offenbar mehrfach technische Defekte. Unter anderem seien die Sprechanlagen in der Vergangenheit ausgefallen.

Zudem haben sich bei einem Kindertraining offenbar in mindestens einem Fall auch zwei Sportgeräte in der Bahn befunden. Ein Gutachter hatte aber eine Fehlfunktion der Ampeln am Unfalltag ausgeschlossen. Videos zeigen zudem, dass der Doppel-Schlauchring bei Rot in den Eiskanal geschoben wurde. Der Gutachter sagte am ersten Prozesstag aus, dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre, wenn das Rotlicht beachtet worden wäre.

Bis auf Ampeln kein Schutz gegen unberechtigte Bobfahrten

Weiterhin sagten Zeugen aus, dass es an der Bahn bis auf Ampeln keinerlei Vorrichtungen gebe, damit Sportgeräte nicht unberechtigt in die Bahn rutschen können - zum Beispiel Schranken, die sich erst öffnen, wenn eine Freigabe erteilt ist. In der Verhandlung ging es auch immer wieder um mögliche Warnsignale oder Notfallsysteme für den Fall, dass sich Sportgeräte unberechtigt in der Bahn befinden.

Jedoch gebe es diese nach Aussage von Zeugen nicht. Auch die Computersoftware, mit der unter anderem das Ampelsystem an der Bahn gesteuert wird, ist nach Zeugenaussagen beim letzten Umbau der Bahn vor der Weltmeisterschaft 2023 nicht modernisiert worden.

Anklage wegen fahrlässiger Tötung

Am ersten Prozesstag vor einer Woche hatte die wegen fahrlässiger Tötung Angeklagte ihr tiefes Bedauern geäußert. Die Helferin an der Eisbahn hatte im Februar vergangenen Jahres einen Doppelschlauchring, die sogenannten Ice-Tubes, mit zwei Insassen starten lassen. Gleichzeitig fuhr weiter oben ein Gästebob an, der im Zieleinlauf in den Schlauchring fuhr. Bei dem Zusammenprall kam ein 45 Jahre alter Mann ums Leben, eine 41 Jahre alte Frau wurde schwer verletzt.

Staatsanwaltschaft schlägt Rechtsgespräch vor

Aufgrund der Belastung aller Beteiligten in dem emotionalen Prozess bot die Staatsanwaltschaft zu Beginn des zweiten Prozesstages ein sogenanntes Rechtsgespräch an, um unter anderem zu diskutieren, welche Zeugen für die Aufklärung der Ereignisse am Unfallabend wirklich noch erforderlich sind.

Der Prozess wurde daraufhin für ein Gespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern rund eine Dreiviertelstunde unterbrochen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft meldeten die Nebenkläger aber Bedarf an, weitere Zeugen zu hören.

Der Prozess soll am kommenden Dienstag fortgesetzt werden.

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MDR (tig/jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 30. April 2024 | 17:30 Uhr

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